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Bürgerversammlung und Ortschaftsrat in Schermen: Fußweg-Diskussion und Streit um eine "Briefbombe"

31.05.2012

Mit Störchen ging es los, dann folgten viele Fragen

Nachdem Ortsbürgermeister Heinrich Bartels mit der guten Nachricht, dass „zwei Störche das neue Nest  bezogen haben“,  den Abend eröffnete, kam schnell das erste Thema auf den Sitzungstisch: Der Ausbau des Fußweges entlang der Kita „MS Piratenclub“. Für fast alle anwesenden Bürgerinnen und Bürger war unverständlich, dass – aus Sicherheitsaspekten - ein Weg für zigtausende Euro ausgebaut werden soll, obwohl die meisten Eltern ihre Kinder mit dem Auto oder dem Rad zur Kita bringen... Insbesondere Anlieger ärgerten sich über die hohen Beteiligungskosten. „Das ist doch Steuerverschwendung“, regte sich eine Frau auf.  Für die anwesenden Ortschafsratsmitglieder und Ortsbürgermeister Heinrich Bartels  wurde schnell deutlich, dass die Bürgerinnen und Bürger den Weg eigentlich nicht wollen.  

Deshalb wurde dieser Punkt im Beisein eines Mitarbeiters vom Bauamt auch auf der Ortschaftsratsitzung gut eine Woche später diskutiert.  Während ein Vertreter vom Bauamt noch einmal die „westliche“ und die „östliche“ Variante (jeweils eine Straßenseite) vorstellte, Für und Wider erörterte und sich zu den Kosten ausließ, gab Rolf Bock zu: „Wir haben vor Jahren gedacht, wir befestigen einfach den Weg. Und dann ist gut. Jetzt müssen wir erkennen, dass wir über das Ziel hinausgeschossen sind.“ Und Arno Djaschi meinte: „Wir werden jetzt mit einer Realität konfrontiert, die uns zwingt, die Kindergärtnerinnen zu bitten, uns zu helfen. Und zwar dahingehend, dass sie die Eltern befragen, damit wir wissen, was diese wollen.“  Echte Basisdemokratie eben, denn allen im Ortschaftsrat war klar geworden, dass „wir uns mit einer Ablehnung des gesamten Vorhabens beschäftigen müssen, wenn die Mehrheit gegen das Vorhaben ist.“ Da verblasste dann auch das Argument, dass es für den Weg Fördermittel aus dem Programm Dorferneuerung geben würde…

Diskussion um Kita-Übertragung auch Thema bei den Bürgern

Dass allerdings der Weg ausgebaut werden muss, weil die Kita in freie Trägerschaft kommt, wie es eine Einwohnerin vermutete, ist wirklich nur ein Gerücht. Aber der Plan der Einheitsgemeinde, möglicherweise die Körbelitzer Kita und den „MS Piratenclub“ in freie Trägerschaft zu überführen, sorgte trotzdem für Wirbel auf der Bürgerversammlung. Hier äußerten Kindergärtnerinnen ihre Sorge, dass sie möglicherweise bei einem freien Träger  weniger Geld verdienen würden, „da der neue Betreiber nach einem Jahr einen eigenen, billigeren Tarif einführen kann.“ Rolf Bock versuchte hier die Wogen zu glätten, indem er noch einmal deutlich machte, dass der Ortschaftsrat eine freie Trägerschaft bereits abgelehnt habe und alles dafür tun werde, dass dies auch nicht eintritt. Deshalb sei die frühzeitige Einbindung der Eltern und der Angestellten sehr wichtig, „damit auch wirklich alle Seiten zu Wort kommen und alles gründlich überprüft wird“. Für Unverständnis sorgte bei den Bürgerinnen und Bürgern aber, dass es nicht möglich war, auf der Sitzung des Gemeinderats  gerade zu diesem Thema Fragen zu stellen, „weil das auf der Tagesordnung steht“. Die Gründe dafür führten Ortsbürgermeister Bartels und SPD-Mann Bock aus: Die Gemeindeordnung, in der dies so geregelt ist, wurde vom Landtag beschlossen. Deshalb dürfen Bürgerinnen und Bürger in der Einwohnerfragestunde keine Fragen zu Themen, die auf der Tagesordnung stehen, stellen.

"Da rennst Du bei mir offene Türen ein"

Weitere Themen, die die Bürger interessieren, waren:

Nutzungsvereinbarungen für Gemeinderäumlichkeiten (Vereine und gemeinnützige Organisationen brauchen nichts zu bezahlen, z.B. ein Schachverein oder die Volkssolidarität).

Der Zustand der Grabstätte auf dem Friedhof, in der die erschossenen Zwangsarbeiter bestattet sind. Hier erklärte Ortsbürgermeister Bartels, dass das Grab tatsächlich in einem unwürdigen Zustand ist („da rennst Du bei mir offenen Türen ein….“), es aber auch eine Frage des Geldes sei. Er habe deshalb Fördermittel beantragt, aber noch keine positive Rückmeldung aus der Gemeinde bekommen.

Auch die neue Straßenbeleuchtung wurde thematisiert, da das Licht nach der Umstellung auf Sparbeleuchtung sehr viel schwächer geworden sei. Ortsbürgermeister Bartels versprach zu prüfen, ob da etwas gemacht werden könne.

Umbau der Trauerhalle im Geburtstagsjahr...

Auch die Trauerhalle, die im nächsten Jahr 100 wird, wurde thematisiert. Hier verwies Ortsbürgermeister Bartels auf die nächste Ortschaftsratsitzung, auf der verschiedene Umbauvarianten geprüft werden. Diese werden dann am 29. Mai vorgelegt und vom Ortsteil-Rat geprüft. Die politischen Gemeindevertreter entschieden sich mit deutlicher Mehrheit für eine schlichte und einfache Variante, die die Ursprünglichkeit des alten Trauergebäudes nicht zerstört. Nun wird die Vorlage für den Bauausschuss aufbereitet, dann  entscheidet der Gemeinderat und danach kann alles in die Wege geleitet werden. Baubeginn: wahrscheinlich 2013.

Und dann platzte die "Briefbombe" des Ortsbürgermeisters

Verlief die Ortschaftsratsitzung (unter anderem wurde über eine mögliche Absage des Maulbeerbaumfestes diskutiert) bis zu diesem Punkt friedlich und gesittet, platzte dann bei dem Punkt 9 „Anfragen und Anregungen der Mitglieder des Ortschaftsrates“ eine kleine Bombe -  genauer gesagt eine „Briefbombe“.  Mit harten Formulierungen hatte Ortsbürgermeister Heinrich Bartels die Vorsitzende der „Bürgergemeinschaft e.V.“, Eveline Lüderitz schriftlich aufgefordert, den bisher genutzten Raum bis zum 25. Juni zu räumen. Ansonsten werde damit eine Fremdfirma auf Kosten des Vereins mit der Räumung betraut.
Hintergrund: Der Raum soll ausschließlich für den neuen Ortschronisten Dr. Reiner Ritter zur Verfügung stehen, der nur unter dieser Bedingung bereit gewesen sei, dieses Amt „gerne und mit Freuden“ zu übernehmen. Für die Bürgergemeinschaft standen zwei Alternativen zur Auswahl: Ein Raum über dem Jugendclub, der abgelehnt wurde, weil er zu „schmuddelig“ war (Ortsbürgermeister Heinrich Bartels: „Aber als hier früher die Gemeindearbeiter frühstückten, hat sich daran niemand gestört…“). Und die ehemalige Praxis. Hierfür konnte sich die Bürgergemeinschaft aber noch nicht entscheiden, da bei dem Besichtigungstermin niemand einen Schlüssel gehabt hätte… 
Ortschaftsrätin Sabine Nagel („ich bin selber Mitglied in der Bürgergemeinschaft“) ärgerte sich nicht nur maßlos über die „unmöglichen Formulierungen“, sondern wies ausdrücklich darauf hin, dass  man so nicht mit einem Verein, der „aktiv und erfolgreich unser Dorfleben mitgestaltet“ umgehen könne. Für Arno Djaschi war der Brief nicht nur unmöglich, sondern auch Anlass zwei Anträge zu stellen: Brief komplett zurücknehmen, neue Gespräche und „falls es keine Lösung gibt, soll ein Kompromiss gefunden werden“. Auf den nachdrücklichen Hinweis von Heinrich Bartels, dass alles bereits auf der letzten Ortschaftsratsitzung diskutiert und abgestimmt worden sei und nun endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden sollen…“ kam die prompte Antwort: „Aber nicht so…“.

"Ich wäre gerne Ortschronist , gebe das Amt aber auch gerne wieder ab..."

Als Heinrich Bartels fragte, welcher Kompromiss denn möglich sei, herrschte Schweigen. In diese Lücke stieß Dr. Reinhard Ritter: „Ich habe mich freiwillig bereit erklärt der neue Ortschronist zu sein. Ich kann aber auch – wenn ich sehe, was hier gerade abgeht – genauso schnell gerne und freiwillig auf den Posten verzichten… Als Arno Djaschi dann vorschlug, der neue Ortschronist könne doch am Schreibtisch in der Bücherei arbeiten, schaltet sich der stellvertretende Bürgermeister Marco Simon ein: „Das geht nicht.“ Der Ortschaftsrat hätte doch bereits auf der letzten Sitzung zugestimmt, dass der neue Ortschronist einen eigenen abschließbaren Raum bekommt. Marco Simon: „Er kann doch nicht jedes Mal, wenn er seine Arbeit unterbricht alles wegräumen. Er muss doch Unterlagen auf dem Tisch liegen lassen können. Das haben wir doch alles besprochen…“ Auch Rolf Bock schaltete sich ein, empfand die Formulierungen als zu hart, meinte aber auch, dass der Ortschronist einen eigenen Raum brauche. Mario Chochanski führte aus, dass der Brief bestimmt auch „mit etwas Wut im Bauch geschrieben sei“ und Arno Djaschi erklärte sich bereit seine Anträge zurück zu ziehen, wenn der Ortsbürgermeister sein Verhalten korrigiere. Der allerdings sah dafür keine Notwendigkeit: „Ich bin alt genug selber zu entscheiden, wie ich mich verhalte.“ Eine andere Ortschaftsrätin wiederum fand den Brief auch zu hart, hielt aber auch die „Anträge für überzogen.“

"Ich wollte etwas bewegen - das ist gelungen!"

Mit einem kleinen Lächeln goss dann Ortsteilbürgermeister Heinrich Bartels noch etwas „ÖL ins Feuer“, indem er erklärte: „Ich habe die Formulierungen ganz bewusst so gewählt, weil ich etwas bewegen wollte. Und das ist mir gelungen… Wir müssen in dieser Frage weiterkommen. Auf die Frage von Marco Simon an Sabine Nagel, ob der Verein denn etwas gegen die ehemaligen Praxisräume („die wir ja alle kennen“)  habe, kam ein klares „Nein“. Und nun war schnell ein Kompromiss gefunden: Die Vorsitzende der Bürgergemeinschaft e.V., der künftige Ortschronist und  der stellvertretende Ortsbürgermeister kümmern sich um eine Raumbesichtigung und um konstruktive Gespräche. Außerdem wird das Schreiben des Bürgermeisters als gegenstandslos betrachtet und Arno Djaschi zieht seine Anträge zurück. 

Wie geht der Briefbomben-Streit weiter?

Obwohl an diesem Abend nicht viele Bürger zur Sitzung gekommen waren, dürfte sich diese Auseinandersetzung schnell in Schermen rumsprechen, sagte ein Anwesender doch, „dass er so ein Theater lange nicht mehr erlebt habe…“ Und www.gemeinde-moeser.de wird weiter berichten, denn Sie liebe Leserinnen und Leser interessiert doch bestimmt auch, wie es in dem Raum-Drama weitergeht, wann der Umzug ansteht und wann der neue Ortschronist seine Arbeit aufnehmen kann. Wir bleiben an der „Briefbombe“ dran…